
Ein Plädoyer für mehr SelbstoptimismusEin Selbstversuch für 2021: Weniger ist mehr - Das sollte vor allem für uns Mamas gelten!
Immer dieses unsinnige Streben nach Perfektionismus. Mama ist die Beste, weil Mama unbedingt die Beste sein will. Aber warum das Ganze eigentlich? Unsere Autorin Anja startet mit einem wichtigen Plädoyer ins neue Jahr. Ein Aufruf zu mehr Optimismus – sich selbst gegenüber. Denn auch alle Fünfe wollen einfach mal wieder gerne gerade sein gelassen werden. Ja, auch als Mama erlaubt, bzw. unbedingt erwünscht im neuen Jahr.
Selbstoptimierung geht mir auf den Keks. Damit wäre eigentlich schon alles gesagt.
Aber spätestens seit aufgeheizten Hater-Monologen aus diversen Social Media wissen wir, dass »Dagegen!« schreien sehr einfach ist, letztlich aber nur wertvoll, was man mit vernünftigen Argumenten auch begründen kann.
Nun denn, Einleitung: »Selbstoptimierung« ist der Trend der Stunde. Auch wenn er sich schon lange angeschlichen hat, begegnet er mir heute fast täglich – im Tagungsprogramm einer großen Frauen-Empowerment-Veranstaltung. Im ZEIT-Interview mit Sängerin FKA twigs. In meinen (ok, nicht ganz) täglichen Fitness-Videos. Und – natürlich – in meinem facebook-Feed. Und dieser Trend geht mir gegen den Stich.
Und nun zur Argumentation: Selbstoptimierung ist Ego-Kapitalismus. Wohin uns das alternativlose kapitalistische System gebracht hat, darüber können wir uns mit Leuten von Extinction Rebellion unterhalten. Ein wichtiger Grundsatz des Kapitalismus ist Akkumulation. Also Anhäufung. Mehr! Größer! Schneller! Weiter!
Zu meiner emotionalen Abneigung gegen derartige Imperative gesellt sich: Irritation. In einer Zeit, in der ein nachhaltiger Umgang mit unseren endlichen Ressourcen gepredigt wird, in der wir tauschen statt kaufen, in denen wir re-cyclen, up-cyclen oder einfach nur cyclen (statt Auto zu fahren); in einer Zeit, in denen die von Marie Kondo an die Schrankwände dieser Welt genagelten Thesen des Minimalismus eine Religion der Reduktion begründen – in diese Zeit der dringenden Genügsamkeit fällt nun also die Selbstoptimierung. Quasi frei nach dem Motto: Wenn wir also schon den Planeten nicht mehr ausbeuten dürfen, dann wenigstens uns selbst?
Nö. Fünf Euro ins Phrasenschein für: Weniger ist mehr.
Ich plädiere daher für den menschenliebenden Gegentrend »Selbstoptimismus«. Für Zufriedenheit – auch im Mittelmaß. Für Genügsamkeit sich selbst gegenüber, Wohlwollen für das Machbare, Akzeptanz des Nichtwollens, Nichtkönnens, für das Feiern der (ganz normalen!) schlechten Tage.
Meine Mutter sah in jedem meiner Jobs die Möglichkeit, die nächste Stufe der Karriereleiter zu erklimmen. Ihre Enttäuschung darüber, dass ich nicht nach mehr Verantwortung, mehr Lohn, mehr Macht strebte, war schwer zu ertragen. Was dabei nie eine Rolle spielte: Ob ich mag, was ich mache. Und letztlich geht es doch darum. Sich gut zu fühlen mit dem, was ist. Wem immer gesagt wird, da geht noch mehr, wird nie zufrieden sein mit dem, was ist. Noch schlimmer: Dem wird unterstellt, dass der Status Quo nicht genügt. Und das ist Quatsch.
Letztlich haben wir doch nur das Jetzt. Und das Jetzt ist in Ordnung. Strebt nicht mehr ständig nach mehr, größer, schneller, weiter. Warum soll »mehr« besser sein? Haltet mal an und guckt euch um. Schön hier, eigentlich, nicht? Vielleicht nicht perfekt. Stresst euch nicht, denn so ist es nun mal im Leben. Und das ist auch ganz gut so.