
Neuorientierung nach der BabypauseWie finde ich heraus, was ich will und kann und dazu auch noch den passenden Job?
Mit der ersten Schwangerschaft beginnt eine gewaltige Umbruchphase im Leben einer Frau. Drehte es sich vorher meist um dich allein und was DU willst, denkst du nun ganz automatisch auf einmal für viel mehr Menschen und Aspekte mit. Du bist zwar noch derselbe Mensch, doch innerlich passiert eine Menge (körperlich natürlich auch, aber darauf gehen wir heute nicht ein). Deine Werte-und Gedankenwelt ordnet sich neu. Coach und Mutter Carolin Zahn hilft dir, deine Gedanken und Gefühle zu ordnen und den richtigen Weg für dich zu finden, so dass nach der Babypause auch ein beruflicher Neustart beginnen kann.
Zwischen Schwangerschaftstest, Wochenbett und Elternzeit-Monaten tummelt sich nicht selten auch die eigene Ratlosigkeit über deine berufliche Zukunft. Vielleicht hast du verstärkt das Gefühl, der alte Job passt einfach nicht mehr zu dir. Doch eine Alternative hast du auch nicht direkt parat. Die Frage nach einer neuen beruflichen Ausrichtung wird immer lauter: “Wie soll es beruflich bei mir weitergehen?”
Wenn du dich genau das fragst, dann funktioniert auf jeden Fall nicht: Deine Fragen und Gefühle wegdrücken und einfach in den alten Job zurückkehren, mit der Hoffnung, dass es doch irgendwie werden wird. Oder dich wahllos auf andere Stellen bewerben, ohne konkret zu wissen, ob du das wirklich willst. Diese Strategien werden nicht funktionieren, weil sich in dir und in deinem Leben einfach zu viel verändert hat, das nun gesehen und integriert werden sollte. Das ist nicht unbedingt eine einfache Aufgabe, aber lösbar.
Was funktioniert – Innenschau, Fokussierung auf das für dich Wichtige und entsprechend handeln
Immer, wenn es um die berufliche Neuorientierung geht, ist der Blick nach innen, der wichtigste.
Gerade in deiner neuen Lebenssituation als Neu-Mutter oder als Zwei-oder Mehrfach-Mutter, strukturiert sich dein Leben neu. Es kommen Aspekte hinzu, die dir jetzt viel wichtiger sind, als vorher. Und andere verlieren an Bedeutung. Du verfügst über neue Fähigkeiten, prägst Stärken aus, die vorher unterrepräsentiert waren (“halloooo Organisationstalent!”). Nur leider, ist dir all das oft noch gar nicht bewusst und das, was Du alles schon mitbringst für neue berufliche Schritte, siehst Du selbst noch gar nicht.
Es gilt also, all das Unbewusste, an die Oberfläche zu bringen und für dich und deine berufliche Neuausrichtung nutzbar zu machen. Dabei geht es um die Beantwortung der Fragen: Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Welche Rahmenbedingungen müssen und sollten erfüllt sein? Was macht mir Freude und erfüllt mich? Was kann ich?
Mit all diesen Antworten kannst Du deutlich fokussierter Handeln und in den beruflichen Neuorientierungsprozess gehen. Das führt nicht automatisch schneller zum neuen Job, doch es führt mit viel höherer Wahrscheinlichkeit zum passenden.
1. Was ist mir wirklich wichtig im Leben?
Bei dieser Frage geht es darum, welche Werte du verwirklichen willst, generell als auch beruflich. Welcher Wert soll durch dich und deinen (beruflichen) Beitrag größer werden? Was brauchst du, um (beruflich) zufrieden zu sein?
Vielleicht kennst du diese Sprüche von Verwandten, als du noch schwanger mit deinem (ersten) Kind warst: “Es wird sich alles ändern. Dein Kind wird eh das Wichtigste.”
Und auch wenn das eigene Kind natürlich eine immens wichtige Bedeutung im Leben hat, heißt es nicht, dass dir nicht auch anderes weiterhin wichtig sein darf. Werte wie Selbstverwirklichung, Erfolg, Macht (auch wenn Frauen, das oft nicht gern zugeben) dürfen genauso relevant sein, wie Familie, Liebe, Gleichberechtigung oder Harmonie. Es geht darum, einen für dich passenden Mix zu finden, der wirklich dir selbst entspricht. Ihn zu finden und mit Leben zu füllen, erfordert an manchen Stellen auch, vermeintlichen Erwartungen, die deine Familie, andere Mütter, Freunde oder die Gesellschaft an dich haben, nicht entsprechen zu müssen. Es erfordert, für dich einzustehen und für dich und was dir wichtig ist zu rebellieren.
2. Welche Rahmenbedingungen müssen und sollten für mich erfüllt sein?
Hier geht es darum, was du jetzt, betrachtet von deinem aktuellen persönlichen Standort, von deiner Arbeit brauchst, um dich damit gut zu fühlen. Welche Rahmenbedingungen erfüllt der nächste Job idealerweise? Und bei welchen wärst du auch bereit Abstriche in Kauf zu nehmen?
Die Antworten auf diese Fragen sind ganz unterschiedlich von Frau zu Frau und abhängig von ihren individuellen Werten und davon, wie sie das Familienleben künftig organisieren will (Stichwort Vereinbarkeit).
Ein paar Fragen als Anregung dazu für dich:
- Wie viel willst du arbeiten? (Wie viele Tage und welche? Wie viele Stunden pro Tag?)
- Willst du in einem kleinen, großen oder Großraum-Büro arbeiten?
- Willst du am liebsten von zu Hause aus arbeiten?
- Welche Anforderungen an Flexibilität kannst und willst du erfüllen?
- Willst du reisen für und im Job?
- Welche Unternehmenskultur entspricht dir?
- Würdest du pendeln oder in eine andere Stadt ziehen?
3. Was macht mir Freude und erfüllt mich?
In unsere Coachings und Meetups kommen immer wieder Frauen (mit und ohne Kinder), die einfach keinen Spaß mehr im bisherigen Job haben. Manche haben Hobbys, von denen sie sich vorstellen könnten, sie auch beruflich auszuleben. Manche machen scheinbar so viele verschiedene Sachen unglaublich gern und wiederum andere haben kaum einen Zugang dazu, was ihnen Freude bereitet.
Für erstere geben wir gern den Hinweis: Nicht alles, was dir Freude macht, muss auch Beruf werden. Manches darf Hobby bleiben.
Für zweitere und letztere erweisen sich diese Impulse als hilfreich:
- Überlege, was dir so viel Freude macht, dass man dich gar nicht darum bitten muss, dass du es tust.
- Bei welchen Tätigkeiten oder in welchen Momenten vergisst Du vollkommen die Zeit, weil du so im Tun und Flow bist?
Oft kommen hier Antworten, die du nicht sofort als beruflich relevant einordnen würdest, weil es nicht den Beruf gibt, der sich nur mit dieser Tätigkeit (z.B. Lesen oder Marmelade einwecken) beschäftigt. Dann geht es vor allem darum, zu schauen, was daran genau dir so viel Spaß macht, das auch im Beruf von Bedeutung für dich ist: Beim Lesen zum Beispiel, neue Perspektiven gedanklich erkunden oder beim Einwecken die Arbeit mit den eigene Händen.
Auch der Rückblick auf deine bisherige Biografie und welche Tätigkeiten dir in den einzelnen beruflichen Stationen wirklich Freude bereiteten, kann wertvolle Hinweise für deine künftige Neuausrichtung geben.
4. Was kann ich?
Diese Frage ist kurz, doch ihre Antworten umfassender als du denkst. Leider erleben wir oft Mütter, die den Zugang zu ihren eigene Stärken, Fähigkeiten, Talenten und Erfolgen nicht mehr so einfach finden.
Studien belegen diese Beobachtung und haben gezeigt, dass bei Müttern das Selbstwertgefühl mit der Geburt ihres Kindes stark sank und sich auch in den folgenden Jahren verminderte. Zwei Jahre nach der Geburt war bei dem Durchschnitt der Mütter das Selbstwertgefühl deutlich geringer als noch zwei Jahre vor der Geburt.
Sich daran wieder anzunähern und wieder eine bewusste Verbindung zu den eigenen Stärken, Fähigkeiten, Talenten und Erfolgen aufzubauen, ist daher doppelt wichtig um aus einer gestärkten und gefestigten Position in die berufliche Neuorientierung zu gehen.
Wichtige Fragen, die Du dir in diesem Zusammenhang stellen solltest sind:
- Was empfinde ich als meine Stärken (nichts ist zu banal oder klein!)?
- Welche Fähigkeiten habe ich im Laufe des Lebens erworben? Denke hier auch an Weiterbildungen (z.B. Coaching, Verkaufsseminare o.Ä), die du absolviert hast, besondere Methoden und Skills (z.B. Moderations- oder Verhandlungstechniken), die du erlernt hast, Programme, die du beherrscht (z.B. WordPress oder Programmiersprachen)
- Welche Talente habe ich? Denke hier auch an das, was du vielleicht seit der Kindheit und Jugend nicht mehr gemacht hast. Warst Du zum Beispiel Team-Kapitänin im Volleyball-Team hast du wahrscheinlich nicht nur ein Talent für Ballsport sondern auch für Führung und Motivation.
- Auf welche Erfolge kannst du zurückblicken? Worauf bist du stolz? Erlaube dir auch hier großzügig mit dir zu sein. Alles darf aufgelistet werden, von der Abinote bis zum Anruf letztens, zu dem du dich überwunden hast. Finde mindestens 10 Punkte für deine Liste.
- Bitte auch 2 bis 3 dir wichtige Personen, einzuschätzen, was deine Stärken sind und was sie an dir schätzen. Feedback von außen ergänzt das eigene Bild von deinen positiven blinden Flecken.
Am Ende dieser Übung hast du eine umfangreiche Übersicht, die dich in der kommenden Zeit, bei anstehenden Job-Interviews und auch bei Rückschlägen immer wieder stärkt
5. Führe deine Erkenntnisse zusammen
Wenn du dir deiner Werte, Rahmenbedingungen, Interessen und Stärken bewusst bist, geht es darum Rückschlüsse für dich zu ziehen und die Erkenntnisse zusammen zu führen:
- Wie könnte ein idealer Job oder Beruf aussehen? Welche Werte kann ich dadurch ausleben und was würde ich im Berufsalltag konkret an Tätigkeiten machen?
- Welche Art von Jobs kommen in Frage?
- Wie sollen diese strukturiert sein, damit ich mich darin entfalten kannst?
- Welche Werte und Rahmenbedingungen müssen Unternehmen unbedingt für mich haben?
- Ist die eigene Selbstständigkeit oder Gründung eines Unternehmens eine Möglichkeit für mich?
- Welche Anpassungen wären im Privatleben gegebenenfalls nötig, damit ich mich beruflich besser entfalten kannst?
Achte in diesem Schritt darauf, dass du dich nicht selbst beschränkst, weil du denkst “Das geht eh nie.” oder “Das würde XY eh nie mitmachen.” Auch hier ist alles erlaubt. Es geht darum, den für dich passenden Job zu finden und nicht darum, dich einem Job passend zu machen.
Wenn du deine Erkenntnisse zusammengeführt hast, ist dies auch ein guter Zeitpunkt, deinen Lebenslauf anzupassen.
6. Handle fokussiert
Je besser du dich mit dir selbst auseinandergesetzt hast, desto besser und gezielter kannst du Lösungen finden. Es werden automatisch Optionen wegfallen, die vielleicht vorher noch da waren. Wenn du dich nun etwa ganz bewusst auf eine Stadt oder Branche konzentrierst, wird dein Fokus enger, du kannst deine Energie viel besser bündeln und kommst schneller zum Ziel. Die Kunst besteht dann darin, dabei zu bleiben und dich zu dem zu committen, was dir wichtig ist.
Zu diesem Zeitpunkt geht es auch oft darum, dir eine gute Informationsgrundlage zu schaffen, ohne dich mit zu viel Recherche beschäftigt zu halten:
- Komme ins Brainstormen: Welche Berufe und Jobs ermöglichen mir die bestmögliche Entfaltung? Wie heißen diese konkret? Kenne ich Menschen, die einen Job haben, der mir auch gefallen könnte und die mir mehr darüber erzählen?
- Recherchiere Unternehmen: Für welche Werte stehen sie? Wie ist die Struktur? Wie kommunizieren sie auf Social Media? Welche Stellen und Positionen gibt es dort? Kenne ich Menschen, die bei Unternehmen arbeiten, die mir gefallen?
- Recherchiere ggfs. zur Selbstständigkeit und möglichen Starthilfen
Wenn Du erste Rechercheergebnisse hast, komme ins Handeln und suche den Austausch:
- Informiere dich bei Personalabteilungen
- Schreibe Initiativbewerbungen
- Vereinbare Termine mit Menschen, die einen Job haben, der dir gefällt
- Besuche Netzwerkveranstaltungen (nach der Corona-Krise oder online ;)) und gehe in den Austausch.
Das hat zwei Vorteile: 1. Du erfährst mehr und sammelst Informationen. 2. Du kannst dich ins Spiel bringen und den Leuten immer konkreter sagen, was Du suchst und sie bitten, dich bei offenen Positionen zu kontaktieren.
Mach‘ dir keinen Druck
Und noch ein wichtiger Punkt zum Abschluss, weil viele Frauen dazu neigen mit viel Druck in die berufliche Neuorientierung zu gehen: Gib’ dir Zeit, den “richtigen” Job oder Beruf zu finden. Der erste Schuss muss nicht sofort der Volltreffer sein. Und der nächste Job nicht die Berufung. Du darfst ausprobieren und Anpassungen aufgrund gemachter Erfahrungen vornehmen, damit Du dich Schritt für Schritt dem näherst, was dich wirklich beruflich erfüllt.
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