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    Hallo Baby – Tschüss Karriere
    Viele Frauen kehren nach der Geburt des ersten Kindes nicht in ihren alten Job zurück. Ein Erklärungsversuch

    Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, ist für viele Frauen ein großer Wunsch, in der Realität meist ein Problem. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, die Folgen fatal. Nicht selten stellen sich nach einem Hagelsturm der Bewerbungsabsagen Identitätskrisen ein. Besonders ein bestimmter Typ Frau ist betroffen.

    Der Kick von der Karrierewolke

    Beruflich war Sarah auf Erfolgskurs. Nach einem Spitzenabitur studierte sie Wirtschaftswissenschaften, fand einen Job im Controlling, der ihr Spaß machte, und verdiente gutes Geld. Als sie zwei Jahre nach der Hochzeit schwanger wurde, freute man sich im Büro mit ihr, genehmigte ihr zwei Jahre Elternzeit und war sich einig, dass Kinder eine tolle Sache sind.

    Diese Haltung blieb auch nach der Geburt des Kindes. Regelmäßig schaute die 36-Jährige mit ihrer Tochter im Büro vorbei und hielt den lockeren Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten.  “Ich hab mich wirklich auf die Arbeit gefreut, doch die Freude wich ganz schnell, als ich beim Personaler den Wiedereinstieg in Teilzeit besprach”, sagt Sarah. Denn ihr Job war nicht nur für die Zwischenzeit besetzt worden und für Sarah nicht mehr verfügbar. Ihr Chef wies ihr eine neue Tätigkeit zu, eine deutlich schlechtere Stelle und begründete dies damit, dass diese in Teilzeit zu schaffen war, Sarahs alte Stelle nicht. “Ich wurde degradiert”, sagt sie. Da war er also: Der berühmte Karriereknick nach dem Kind.

    “Ich dachte im Leben nicht dran, dass mir das passieren würde. Ich war doch so gut ausgebildet”, sagt Sarah.

    Und dann war sie frustriert

    Trotzdem blieb Sarah. Ein blöder Job ist noch besser als kein Job – lautete ihre Einstellung. Wenn ihre Tochter schlief schrieb sie Bewerbungen, am Morgen brachte der Postbote die Absagen.  “Mein Arbeitgeber schien keine Ausnahme zu sein. Mein Traumjob, in dem ich Karriere machen wollte, war wohl kein Teilzeitjob”, sagt Sarah und erzählt von ihrer Frustation.

    Damit ist sie keine Ausnahme, weiß Katrin Wilkens, freie Journalistin und Gründerin der Agentur i.do, die Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Babypause hilft, einen maßgeschneiderten Job zu finden. “Vielen Akademikerinnen, die sich einer bestimmten modernen Kultur zugehörig fühlen und sehr perfektionistisch veranlagt sind, ergeht es so. Sie sind müllsensibel, vollvegan und ein Fan vom lebenslangen Lernen. Da liegt ein bestimmter Narzismus zugrunde, alles perfekt haben zu wollen. Sie müssen tatsächlich meist ihr Jobkrönchen abnehmen und sich fragen, was sie wirklich wollen”, sagt Wilkens. Nur so lasse sich die perfekte Lösung finden und Frust vermeiden. 

    Ein Jahr verging und Sarah wurde zu keinem einzigen Bewerbungsgespräch eingeladen. Also wurde sie wieder schwanger. Das Klima im Büro wurde rauer und über das zweite Baby freute sich dort inzwischen niemand mehr so wirklich. Inzwischen war Sarah eh, „Die mit dem Kind“. “Das war nicht schön und ich wusste gleich, dass ich aus dieser Elternzeit nicht wiederkommen wollte.”

    Doch die Bewerbungsambitionen verliefen nicht besser, als nach dem ersten Kind. Eher im Gegenteil. “Ich glaube, dass Frauen mit Kindern schneller aussortiert werden, da Arbeitgeber fürchten, dass die oberste Priorität nicht mehr beim Job, sondern bei den Kindern liegt und eine Mutter nicht mehr so flexibel ist, wie eine Frau ohne Kinder. Gerade in Berufen, die männerdominiert sind, haben Mütter keine Chance mehr”, sagt Sarah. Auch glaubt sie, dass Teilzeit nach wie vor für viele Arbeitgeber ein rotes Tuch sei, obwohl eine Vielzahl an Studien inzwischen belegt, dass Arbeitnehmer in Teilzeit mitunter sogar effektiver arbeiten.

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    Teilzeit ist ein Frauenthema

    Noch immer ist Teilzeit in Deutschland weiblich. Laut einer Studie des statistischen Bundesamtes arbeiteten 2019 66,2 Prozent aller Frauen mit minderjährigen Kindern in Teilzeit. Bei den Männern sind es hingegen nur 6,4 Prozent – Tendenz steigend. “In den vergangenen 10 bis 20 Jahren haben sich die Männer und ihre Väterrollen schon stark verändert”, sagt Wilkens und erzählt aus ihrer Kindheit. Ihr Vater hat jährlich an ihrem Geburtstag eine Aufsichtsratssitzung einberufen und so ihre Feier geschwänzt. “Das sollte sich heute mal einer trauen”, sagt sie und lacht. Denn ihr Beispiel zeigt: Es ändert sich was, aber leider nur langsam. 

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    Und noch gibt es auch eine Vielzahl ungünstiger Rahmenbedingungen wie Kita-Öffnungszeiten, Schichtdienste oder die steigenden Lebenshaltungskosten, die sich nur schwer mit einem Vollzeitjob vereinbaren lassen, weswegen viele Frauen auf Teilzeit angewiesen sind. Der Haken an der Sache ist, dass genau diese Teilzeit Frauen in die Altersarmut und ins #paygap treibt. „Doch Geldverdienen ist heute noch immer ein Tabuthema bei Frauen”, sagt Wilkens und berichtet: “Zu mir hat mal eine Frau gesagt, sie veliere ihre Fuckability, wenn sie sich mehr ums Geld kümmere.” 

    Zugleich bedeutet Geld auch immer eine Form der Wertschätzung. Wertschätzung für die getätigte Arbeit. Werte und das Bewusstsein dafür schaffen Identität. Somit hat der Beruf einen hohen Einfluss auf die eigene Identität und umgekehrt. Doch auch andere Parameter haben Einfluss. Identität ändert sich durch Lebensveränderungen – wie mit ein Kind. Und Frauen stellen dadurch auch häufig ihre Arbeit in Frage und orientieren sich beruflich neu. 

    Wie Frau es macht, macht sie es falsch

    So geht es auch Sarah. Über die Resonanz ihrer Bewerbungen ist sie enttäuscht.  “Inzwischen freue ich mich sogar, wenn ich wenigstens eine Absage erhalte. Ich nehme es schon als eine Art Anerkennung meiner Bewerbungsbemühungen wahr”, so die zweifach Mutter. Für ihre Arbeitslosigkeit schämt sie sich, deswegen möchte sie nicht mit vollem Namen genannt werden. Nur wenigen Vertrauten hat sie die Wahrheit über ihre Bewerbungsbemühungen verraten. Nach außen kommuniziert sie gern, dass sie die Zeit mit den Kindern noch weiter genießen wolle. “Natürlich habe ich mich oft gefragt, ob ich den falschen Werdegang genommen habe und wenn es mir so richtig schlecht ging auch, ob ich das mit dem Kinderkriegen nicht lieber hätte lassen sollen oder besser weniger Elternzeit genommen hätte”, sagt Sarah. 

    Dabei zeigt eine Studie der Universität Potsdam, die den Einfluss der Elternzeit auf die Bewerbung von Frauen untersucht hat, dass dies keine Rolle spielt. Anhand von 700 fiktiven Bewerbungen, bei denen sich alle Fakten glichen außer der Elternzeit, stellten die Forscher fest, dass Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes zwölf Monate Elternzeit genommen hatten, anderthalb mal so oft zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, wie Frauen, die nur zwei Monate Elternzeit genommen hatten. 

    In einem Folgeexperiment sollten Studenten den Lebensläufen Eigenschaften zusprechen. Die Frauen mit zwei Monaten Elternzeit wurden als zu ehrgeizig und nicht teamfähig beschrieben. Doch den Müttern mit 12 Monaten Elternzeit wurde attestiert, sie könnten Prioritäten richtig setzen.

    Während also Frauen, die nur kurz bei ihren Kind zuhause bleiben, ihren Mitmenschen unsympathischer sind, erwartet die Gesellschaft von einer Mutter aber schon, dass sie recht schnell wieder im Job aktiv ist. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das einzig Positive: Wie Frau es macht, macht sie es also falsch. Also kann sie es am besten so machen, wie sie will.

    Sarah denkt inzwischen aktiv über eine berufliche Veränderung nach. Vielleicht möchte sie eines ihrer Hobbys zu ihrem Beruf machen. Der Arbeit damit einen neuen und ebenso erfüllenden Beigeschmack einhauchen.

    Eine Überlegung, die Katrin Wilkens aus ihrer Arbeit in ihrer Agentur nur zu gut kennt. “Es ist aber ein Unterschied, ob ich mich nach der Yogastunde gut fühle, oder bei jemandem mit hornhautverpulten Füßen den Hund korrigiere. Sie wundern sich, wie viele das tatsächlich verwechseln.” Wird das klar, fallen bei Wilkens Agentur in Hamburg meist alle Vorhänge. “Es herrscht wirklich oft der Wunsch vor, eine Dienstleistung aus der eigenen Not heraus geben zu wollen”, sagt Wilkens. Sendungs- und Empfangswunsch drehen sich. Auch diesem liegt die Sehnsucht nach Identität, nach eigenen Spuren inne: “Und da kann ein Job wirklich sehr helfen.”

    Katrin Wilkens

    Gesellschaftliches Umdenken lässt hoffen

    Der gesellschaftliche Wandel hat begonnen und mit ihm eine gleichberechtigterer Verzicht auf Arbeitszeit zugunsten von Erziehungszeit. Waren es 2007 nur drei Prozent der Väter, die eine Elternzeit genommen haben, nimmt inzwischen jeder dritte Vater mindestens zwei Monate. Und die Tendenz ist weiter steigend. Doch auf diesen Gesellschaftswandel können Frauen nicht mehr länger warten. Und das müssen sie auch nicht. Denn wenn sie sich ihrer neuen Identität bewusst werden, ist es auch häufig nicht mehr der alte, einst so geliebte Job, den sie begehren, weiß Wilkens.

    Beginnen die Frauen sich wirklich zu fragen, was sie wollen und wie viel ihnen die Arbeit wert ist, kommen sie dem richtigen Job näher. “Und das ist wirklich etwas Positives. Mir gefällt es, dass die Frauen einen immer höheren Anteil an Eigenverantwortung wahrnehmen. Sie wollen wirklich etwas verändern und dann gelingt das meist”, sagt Wilkens. Auch Sarah will ihre berufliche Zukunft nicht länger von Männern abhängig machen, die ihr nicht zutrauen, ihren Job in Teilzeit zu erledigen. 

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