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    Was du über Depressionen wissen solltest
    Psychologin Nesibe Özdemir erklärt, wie du eine Depression erkennst und was man dagegen tun kann.

    Corona hat es in sich. Alle, aber vielleicht besonders die, die schon sonst unter eher leichten Verstimmungen leiden, sind seit 1,5 Jahren noch vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. Angst, Unsicherheit, Einsamkeit bzw. Verzicht auf soziale Kontakte in Lockdowns kann wie Gift auf emotionale Tiefs und schlechte Gefühle wirken. Viele Dinge, die sonst Freude bereiten waren gestrichen, geschlossen oder verboten. Hinzu kamen Sorgen und gerade in Familien, große Belastungen, die enormen Stress auslösen können. Das kann Folgen haben….

     

    Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin Nesibe Özdemir erklärt, wie du eine Depression von einer emotionalen Verstimmung unterscheiden kannst und wann du dir Hilfe holen solltest. Außerdem zeigt sie auf, wie du einen Weg aus der Depression oder depressiven Verstimmung finden kannst.

     

    Depression vs. schlechte Stimmung

    Wir alle haben das sicherlich schon mindestens einmal erlebt: Eine Phase im Leben, in der es scheinbar nichts mehr gibt, worauf wir uns freuen können und uns alles „grau“ und deprimierend erscheint. Wir sprechen dann schnell von einer Depression bzw. benutzen das Wort umgangssprachlich, um auszudrücken, dass es uns gerade nicht so gut geht wie sonst.

     

    Aber eine klinische Depression ist nicht vergleichbar mit einer vorübergehenden Phase von schlechter Stimmung und Niedergeschlagenheit, sondern ist eine ernsthafte Erkrankung, welche die Gefühle, die Gedanken und das Verhalten der Betroffenen massiv beeinflusst und starkes Leiden verursacht.

     

    Es gibt bestimmte Diagnosekriterien, die erfüllt sein müssen, damit von einer klinischen Depression gesprochen werden kann.

    Zu den Hauptsymptomen (Krankheitsanzeichen) für eine Depression gehören:

    gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, Interessenverlust, Freudlosigkeit,

     

    sowie folgende Nebensymptome:

    Störungen der Konzentration, der Aufmerksamkeit und des Denkvermögens, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsvorstellungen, Schlafstörungen, verminderter Appetit sowie Suizidgedanken oder -handlungen. Außerdem können frühmorgendliches Erwachen sowie eine deutlich verminderte sexuelle Lust (Libidoverlust) auftreten. 

     

    Wenn mindestens zwei Haupt- und zwei Nebensymptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen bestehen, wird die Diagnose Depression gestellt. Je mehr Symptome zutreffen, umso schwerer wird der Schweregrad der Depression beurteilt.

    Depressive haben häufig negative Glaubenssätze verinnerlicht

    Glaubenssätze sind Überzeugungen, Einstellungen oder auch Meinungen, die wir im Laufe unseres Lebens durch unsere Erfahrungen angesammelt haben. Sie beeinflussen unser Verhalten, unsere Stimmung und vor allem auch unsere Wahrnehmung. Sie sind wie ein Filter, der vor unseren Augen liegt und alle Ereignisse, die wir wahrnehmen, werden durch diesen Filter wahrgenommen.

     

    Deshalb kann man sich vorstellen, wenn dieser Filter getrübt ist, also eher negative Glaubenssätze beinhaltet, nehmen wir auch alles, was uns passiert, eher negativ wahr. Natürlich gibt es hier sehr viele individuelle Unterschiede, denn jeder von uns macht andere Erfahrungen. Glaubenssätze von depressiv erkrankten Menschen, die mir häufig in meiner Praxis begegnen, sind beispielsweise folgende:

     

    „Ich bin nichts wert“,

    „Ich bin nicht liebenswert“,

    „Ich bin ein/e VersagerIn“,

    „Ich muss meine Bedürfnisse unter die von allen anderen stellen“,

    „Ich muss funktionieren und darf keine Schwäche zeigen“.

    Aber: Wir können an unseren Glaubenssätzen arbeiten!

    Das Gute ist aber, dass wir daran arbeiten können. Wir können unsere Glaubenssätze identifizieren und sie dann allmählich hinterfragen: „stimmt dieser Glaubenssatz wirklich? Willst du diesen Glaubenssatz weiter glauben? Was spricht dafür, was dagegen? oder auch „Wer wärst du ohne diesen Glaubenssatz?“.

     

    Wir können uns dann allmählich von alten Glaubenssätzen entledigen und stärken damit unsere Selbstwirksamkeit, das heißt, wir nehmen das Ruder wieder in die Hand und bestimmen selbst, mit welchem Filter wir durch die Welt laufen möchten.

     

    Natürlich ist das aber kein Prozess, der von heute auf morgen stattfindet. Wir dürfen uns hier ruhig viel Zeit für geben, denn schließlich hat es Jahre gedauert die Glaubenssätze aufzubauen und es wird wohl auch eine Weile dauern, sie wieder zu löschen und durch neue Glaubenssätze zu ersetzen.

    Warum fühlen sich Menschen wertlos oder ähnliches?

    Für das Gefühl von Wertlosigkeit, dass bei depressiven Störungen sehr häufig vorkommt, gibt es viele verschiedene Entstehungsmöglichkeiten. Bei diesem speziellen Gefühl ist natürlich direkt der Selbstwert betroffen.

    „Gefühle werden stark von unseren Gedanken und unserem Verhalten beeinflusst – und umgekehrt.“

    In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass unsere Gefühle stark von unseren Gedanken und unserem Verhalten beeinflusst werden – und umgekehrt. Verhaltensweisen und Gedanken, die selbstwertdienlich sind, stärken also unseren Selbstwert. Während Gedanken wie „die Anderen werden mich sowieso nicht mögen“ und darauf folgende Verhaltensweisen wie beispielsweise sozialer Rückzug, dann zur Bestätigung von dysfunktionalen Glaubenssätzen wie „ich bin wertlos“ führen. Denn wenn ich es nicht wage neue Menschen kennenzulernen, da ich befürchte, dass sie mich nicht mögen könnten, dann kann ich auch keine korrigierende Erfahrungen machen, die mir beweisen, dass sie mich doch mögen.

     

    Durch mein Verhalten bestätige ich mir einfach meine Annahme selbst. Hierbei sprechen wir in der Psychotherapie dann von „selbsterfüllender Prophezeiung“. Wichtig ist es hier aus diesem Teufelskreis auszubrechen und sich zu erlauben neue korrigierende Erfahrungen zu machen oder die Annahmen zumindest zu hinterfragen, indem wir sie erproben.

    „Wir sollten uns also eine echte Chance geben auch andere Überzeugungen zuzulassen.“

    Ursachen für eine Depression

    Bei einer depressiven Erkrankung spielen mehrere Faktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung eine Rolle. Wir sprechen da vom Bio-psycho-sozialen Erklärungsmodell für psychische Erkrankungen. Soll heißen: es gibt einerseits biologische Faktoren wie genetische Veranlagungen oder Stoffwechsel- und Funktionsstörungen im Gehirn. Andererseits gibt es aber auch psychosoziale Faktoren wie Entwicklungsstörungen in der Kindheit, negative Bindungs- und Beziehungserfahrungen, sowie Stress und traumatische Erfahrungen in der Kindheit und Jugend.

    Warum können wir uns oftmals selbst nicht aufbauen?

    Bei einer depressiven Störung ist es oftmals den Betroffenen nicht möglich sich selbst aus der negativen Gedanken- und Gefühlsstrudel rauszuholen. Das liegt eben auch an der Art der Erkrankung.

    „Die Gedanken, Gefühle und das Verhalten sind eng miteinander verknüpft, wenn eins aus dem Ruder gerät, beeinflusst das auch die anderen beiden.“

    Wenn ich also dysfunktionale Glaubenssätze habe und deshalb die Ereignisse negativ wahrnehme, führt das zu dysfunktionalen Gedanken. Wenn ich etwas negatives denke, fühle ich mich auch dementsprechend schlechter und wenn ich mich schlecht fühle, habe ich auch keine Lust und Motivation Dinge zu tun, die mir eigentlich gut tun, wie zum Beispiel Sport machen.

    Die Abwärtsspirale

    In dem Fall sprechen wir in der Psychotherapie von einer Abwärtsspirale. Denn je weniger ich dann Tätigkeiten nachgehe, die mir eigentlich gut tun, umso eher habe ich wieder negative Gedanken wie „mir wird es niemals besser gehen“ oder „das bringt doch sowieso alles nichts“, was wiederum zu negativen Gefühlen führt, und so weiter. Ab hier geht es dann nur noch bergab.

    Was können wir tun, um dies zu ändern?

    Um der Abwärtsspirale zu entkommen, ist es besonders wichtig die Tätigkeiten, die sonst Freude bereitet haben, einfach weiter auszuführen. Wenn sportliche Aktivitäten beispielsweise immer gut getan haben, ist es wichtig diese auszuführen, auch wenn – oder gerade weil – man eigentlich gar keine Lust und keine Motivation dafür hat. Denn dann können wir die Abwärtsspirale aufhalten und sie nach und nach sogar umwandeln in eine Aufwärtsspirale:

     

    Ich habe eigentlich gar keine Lust auf Sport, weil ich mich niedergeschlagen und antriebslos fühle, mache es aber trotzdem und bemerke, dass es mir gut getan hat. Ich bin stolz auf mich, dass ich mich dazu aufgerafft habe und fühle mich etwas besser.

    Wie finde ich heraus, was ich brauche und was mir gut tut?

    Menschen, die von einer depressiven Störung betroffen sind, fällt es häufig schwer auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und diese zu stillen. Das hängt auch wieder mit den dysfunktionalen Glaubenssätzen zusammen. Wenn ich von mir denke, dass ich nichts Gutes verdient habe und im Grunde wertlos bin, dann werde ich mir sicherlich auch nichts Gutes tun. Auch hier ist es wichtig – neben der Arbeit an den Glaubenssätzen – auch auf der Verhaltensebene zu arbeiten. Also auch wenn es sich komisch und und unnatürlich anfühlt: sich selbst etwas Gutes tun, sich selbst belohnen (auch für die allerkleinsten Dinge!). Den Fokus auf die schönen Erlebnisse im Leben richten, seien sie auch noch so klein: „Was hatte ich heute für schöne Erlebnisse?“, „Was hat heute gut geklappt und warum?“, „Wofür bin ich heute dankbar?“ oder „Worauf freue ich mich morgen?“.

    „Menschen, die von einer depressiven Störung betroffen sind, fällt es häufig schwer auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und diese zu stillen.“

    Eine depressive Erkrankung führt die allermeisten Betroffenen zu einer intensiven Arbeit mit sich selbst. Das kann viele Vorteile haben, denn viele beschäftigen sich erst dann zum ersten Mal im Leben damit, sich selbst besser kennenzulernen. Fragen die dabei auftreten und den Prozess unterstützen, könnten sein: Wer bin ich eigentlich und was macht mich aus? Wofür stehe ich jeden Tag auf? Was mag ich an mir? Was sind meine Stärken und Schwächen? Gibt es noch etwas, was ich gerne lernen oder tun würde? Wie kann ich das erreichen?

    Wann sollten wir uns Hilfe holen?

    Bei einer Depression ist es wichtig, sich so früh wie möglich Hilfe zu holen, um eine Verschlechterung der Symptomatik vorzubeugen. Depressionen sind eine ernstzunehmende Erkrankung, die sehr gefährlich für Betroffene werden kann. Denn wegen des hohen Leidensdrucks und den ausgeprägten Gefühlen von Hoffnungslosigkeit ist die Gefahr für einen Suizid hoch.

     

    Hilfreich ist eine Psychotherapeutische Behandlung und je nach Ausprägungsgrad auch eine Kombination mit einer medikamentösen Behandlung mit Antidepressiva.

     

     

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