
Welchen Weg wollen wir gehen? Und wie kann uns der Glaube beeinflussen?Eine Einladung zum Perspektivwechsel mit Judith – Mütter aus Deutschland
Was möchte ich aus meinem Leben machen? Was ist mir wichtig? Wo liegen meine Prioritäten? – Gerade beim Erwachsenwerden stellen wir uns diese Fragen und häufig entscheiden die Antworten über den Lebensweg, den wir dann einschlagen. Doch wie sehr lassen wir uns dabei eigentlich wirklich von unserer inneren Stimme leiten und wie viel Einfluss haben auch gesellschaftliche und familiäre Erwartungen auf unsere Entscheidungen?
Wir wollen euch unterschiedliche Mütter und ihre Geschichten (und ihre Geschichten hinter den Geschichten) vorstellen. Verschiedene Lebenskonzepte und Blickwinkel eröffnen. Denn wie so oft im Leben, reicht schon ein kleiner Perspektivwechsel, damit sich neue Wege aufzeigen. Um besser zu verstehen, was man selber braucht oder auch um das eigene Mind-Set einfach zu erweitern und offener durch’s Leben zu gehen. Denn zu begreifen, wie unterschiedliche wir alle sind, lässt uns nicht nur den Wert jedes Einzelnen individuell besser erkennen und anerkennen, sondern vielleicht auch so leichter bei sich selbst und anderen zu akzeptieren, wenn man etwas anders macht.
Judith hat früh für sich entschieden, dass Karriere nichts für sie ist, denn sie hatte anderes vor. Ihr Glaube spielte dabei ein große Rolle. Heute hat sie drei Kinder und lebt ihre persönliche Beziehung zu Gott.
„Ich wollte immer so eine Familie haben, wie ich selbst aufgewachsen bin – wir waren drei Geschwister. Meine Mutter hat als Lehrerin gearbeitet, sie hatte aber immer ein offenes Ohr für uns. Das war mein Vorbild.“ Aber als sie ihren Eltern mit 22 verkündete, dass sie heiraten will und auch auf das Kinderkriegen nicht warten möchte, da scheppert es erst mal gewaltig.

Eine Frage der Prioritäten
„Meine Eltern hatten sich etwas anderes für mich gewünscht – erstmal Karriere machen. Ich hatte ja ein gutes Abi. Es war auch gar nicht so, dass ich dagegen etwas hatte. Meine Schwester macht Karriere, und ich finde das großartig, weil es ihr Ding ist. Mir aber waren andere Dinge einfach wichtiger. Da gab es erst mal krasse Spannungen. ‚Du bist nicht mehr die Mama von einer kleinen Tochter, die mir sagen kann, schnür dir die Schuhe zu oder der Mann ist nichts für dich. Aber wir können Freundinnen werden’, habe ich ihr gesagt. Das war schwer für meine Mama, aber wir haben es geschafft und jetzt gibt sie Ratschläge, wenn ich sie frage.“
Der Glaube spielte früh eine Rolle

Der Glaube spielt eine essentielle Rolle in ihrem Leben. Mit 15 Jahren sitzt Judith während ihres Austauschjahres in Florida in ihrem Zimmer bei der Gastfamilie und betet: „Ich habe gehört, dass es dich geben soll. Also, wenn es dich gibt, dann hol mich hier raus“.
Nach acht Monaten in einer Familie mit Alkoholproblemen konnte sie nicht mehr. Zwei Tage später rief die einzige Freundin an, die von ihrer Situation wusste. Sie kann sofort bei einer anderen Familie einziehen.
In der neuen Gastfamilie lebt sie auf. Hier wird der Glaube bodenständig gelebt – man betet beim Essen und geht sonntags in die Kirche „Ich war total aufgekratzt in der neuen Familie. Ich hatte Gott kennengelernt. Die Gottesdienste machten Spaß und waren nicht so langweilig wie in Deutschland. Ich bin zwar katholisch, aber außer Weihnachtsgottesdienst, wurde das bei uns nicht gelebt. Meine Eltern waren sehr besorgt: ‚Jetzt warst du erst bei den Alkoholikern und die neue Familie gibt dir Drogen!‘ Das war aus der Ferne natürlich schwer für sie einzuordnen.“
Wo will ich hin?
Zurück in Deutschland ist sie sich zunächst unsicher, wo sie beruflich hin will. Sie macht ein Jahr Au-pair in Versailles und möchte dann Englisch und Kunst auf Lehramt studieren. „Ich hatte mich im Norden beworben, weil mir mein Gefühl sagte, es geht in den Norden.“ Sie lässt sich von ihrem Glauben leiten. Über StudiVZ lernt sie ihren jetzigen Mann kennen, der Pastor werden will. Hat das geholfen? „Nee, der dachte er kann damit bei mir punkten, aber ich habe ihm gleich gesagt: ‚Da kann ja jeder daherkommen und sagen, dass er Pastor wird. Aber mir geht es ja um die persönliche Beziehung zu Gott.’“
Bibelschule statt Uni
Aber es funkt. Und es geht auch in den Norden, aber nicht zum Studium, sondern weil ihr Mann dort herkommt. Außerdem ändert sie ihren Plan und geht statt in die Uni zur Bibelschule, so wie sie es sich immer gewünscht hat.
Mittlerweile hat sie drei Kinder, das jüngste ist sechs Monate alt. Auch wenn der Weg dahin unerwartet steinig war. Das erste Kind ließ viel zu lange auf sich warten. „Ich habe ein Eizellenvorkommen wie eine Frau in den Wechseljahren. Das war hart. Wir haben alles probiert. Auch ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Ich habe es irgendwann geschafft, loszulassen und es an Gott abzugeben. Das war ein sehr langer, innerlicher Weg. Wenn es nicht klappen soll, dann investiere ich mich eben in andere Kinder. Das hat mich unglaublich entspannt, zu akzeptieren, dass es nicht in meiner Hand liegt.“
Eine Weltreise zu uns
Die Kisten im Haus sind gepackt und werden bei den Schwiegereltern untergestellt, denn ihr Mann nimmt Elternzeit und sie gehen auf Weltreise. „Mein Mann hat 3 Hautkrebs OPs überstanden. Das hat in ihm ausgelöst, noch mehr Zeit mit der Familie verbringen zu wollen. Obwohl er die Kinder zum Kindergarten bringt und wir essen mittags immer zusammen. Aber da unsere Kirche hauptsächlich von Ehrenamtlichen getragen wird, ist er natürlich abends viel bei Besprechungen.“

Was bringt die Zukunft?
Und was ist in 10 Jahren, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind? „Dann investiere ich mich in andere Kinder, arbeite irgendwo ehrenamtlich. Klar, meine Arbeit ist nicht finanziell vergütet. Aber für mich persönlich ist die Vergütung von Gott. Es ist ja auch ein Wagnis alles einzupacken und das Haus zu kündigen. Aber wir haben beide das Gefühl, dass es richtig ist und wenn man innerlich so eine Verbindung hat, dann ist es auch einfacher.“