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    MOTHER.NOW

    Bundestagswahl (4): Welche Wahl haben wir?
    Wir sind auf der Zielgeraden zur Wahl. Hier nochmal eine Orientierungshilfe bei einigen Kernthemen

    Es sind nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl und kaum könnte die Anspannung größer sein. In diversen Duellen, Triellen und Quartetten warfen sich die Spitzenpolitiker der sechs großen Parteien ihre Wahlinhalte an den Kopf, stellten die Gegenposition zur Rede, verteidigten die eigenen Ansichten zu diversen Themen und liebäugelten schon in Richtung mögliche Koalitionen.

    Wir können uns an kaum eine Wahl erinnern, bei der die Spannung so hoch war, bei der gefühlt so viel auf dem Spiel stand. Angeheizt von den Slogans auf den Wahlplakaten und der Bundestagswahl als Dauerthema bei allen Anlässen wird deutlich: Diese Wahl entscheidet über so viel mehr, als darüber, wer künftig unser Land regieren wird. Diese Wahl stellt entscheidende Weichen – für kurz, mittelfristig und lang.

    Manchmal mutet es uns schon fast etwas schwierig an, sich dieser Entscheidungsgewalt bewusst zu werden. Wir haben es mit dem Stift am Sonntag in der Hand – oder hatten es vielleicht schon beim Absenden der Briefwahlunterlagen. In jedem Fall sollten wir uns der Macht unserer winzig kleinen Stimme bewusst sein. Wir sollten mit Bedacht und Taktik wählen. Denn eines steht fest da sind sich die Wahlbeobachter einig: Der Sonntag wird kein Zuckerschlecken und die Wochen danach auch nicht. Es könnte sehr langwierig und schwierig werden, auf jeden Fall sehr lange dauern, bis eine regierungsfähige Koalition gebildet wird. Eine Partei allein wird es nicht schaffen, darüber sind sich alle einig. Aber was wollen wir?

    Wie wählen wir taktisch klug?

    Taktisch klug wählen. Das hört man in diesen Tagen immer häufiger. Der eine mag diesen Rat dezent geben, andere sagen es offen raus: Wählt keine Kleinstpartei. Prognostisch erhalten sie alle zusammen irgendwas zwischen fünf und sieben Prozent. Alle. Zusammen. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für sie überhaupt in den Bundestag einzuziehen auf unter ein Prozent und die kumulierten Prozente sind weg, werden keiner anderen Partei zugeordnet. Natürlich haben all diese Kleinstparteien ihren Platz und zum Teil so grandiose Inhalte, dass es weh tut zu wissen, dass sie kein Stimmrecht im Bundestag erhalten werden. So will es die Fünf-Prozent-Hürde, an der auch schon die FDP scheiterte. Aber ist diese Stimme wirklich verschwendet? Jein.

    Erstens sind viele der inzwischen etablierten Parteien (zum Beispiel die Grünen) als Kleinstpartei gestartet und nun stehen sie in der Poleposition für die Regierung. Aber anhand der erhaltenen Stimmen wird in Deutschland auch die Höhe der Mittel bestimmt, die die Parteien für ihre politische Arbeit erhalten. Und so haben Tierschutzpartei oder die Partei für Kinderrechte (LfK) wenig Geld, um ihre Arbeit weiter ausbauen und vorantreiben zu können. Aber, aber, aber: Diese Stimmen verändern die Machtverhältnisse und können am Ende das Zünglein an der Waage sein, wenn es um Koalitionsbildungen geht. Kann ja nach eigenem Interesse gut oder schlecht sein.

    Das bedeutet unser Kreuz für’s Klima

    Dass Klimapolitik das Herzensthema der Grünen ist, ist keine Neuheit. Sie wollen es mit einer beneidenswerten Konsequenz in allen Bereichen und zwar jetzt. Bis 2030, also in weniger als achteinhalb Jahren, sollen die Emissionen um 70 Prozent gesenkt werden, fünf Jahre später soll die Bundesrepublik zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umgestiegen sein. Und auch vor europäischen Richtwerten machen die Grünen nicht halt und wollen sie in Deutschland strenger gestalten.

    Nur so kann Klimaneutralität in 20 Jahren erreicht werden. Das wird weh tun, keine Frage. Doch, wie sagten es die Fridays for Future so schonungslos?: “There is no planet b”.

    Immerhin sollen Instrumente, wie etwas die Erhöhung des CO2-Preises sozial gerecht verteilt werden und als Reinvestition durch das Energiegeld an die Bürger zurückfließen. Zusätzlich sollen Prämien für Ressourcen schonendes Verhalten steuerlich belohnt werden. Etwa dann, wenn das Auto abgeschafft wird. Das sollte mit den massiven Ausbauplänen für Nahverkehr und Bahnnetz – und so auch für Menschen in den ländlichen Regionen eine reale Option werden. Ohne Druck geht es nicht, da sind sich die Grünen sicher und wollen nicht mehr nur davon träumen, dass nur noch E-Autos auf den Straßen rollen. Ab 2030 sollen nämlich keine anderen Autos mehr zugelassen werden. Trotz vieler strenger Reglements wäre es falsch auf den Laschet-Zug zu springen und zu behaupten, dass die Grünen eine Verbots-Partei sind. Ja, es wird härter und ja, es gibt auch viele gesetzliche Änderungen mit ihnen und auch ja dazu, dass einiges teurer wird. Aber das erste Bestreben ist, die Möglichkeiten zu schaffen, damit es bequemer ist, klimaneutral zu leben.

    Recht nah an den Zielen der Grünen ist die Linke. Sie streben Klimaneutralität bis 2035 an und wollen 2030 die Emissionen sogar um 80 Prozent sinken lassen. Einschränkungen und Kosten entstehen bei der Erreichung der Ziele aber vor allem Konzernen. Sie sehen diese als Hauptverursacher der Problematik und deswegen sollen sie den Großteil der Kosten dafür tragen. Neben Atom und Kohle soll auch Schluss mit der Verbrennung von fossilem Erdgas sein – die dort Arbeitenden sollen durch einen Fond zur Schaffung neuer, klimaneutraler Arbeitsplätze aufgefangen werden. Auch sollen Energiekosten keinesfalls steigen, vielmehr soll ein Grundkontingent für Energie und Wasser geschaffen werden, das kostenlos ist. Nur wer mehr als das verbraucht, soll zahlen.

    Das große Ziel ist neben dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehr die kostenlose Nutzung ebendieses. Und auch bei den Linken ist 2030 Schluss mit Verbrennungsmotoren auf der Straße – die Anschaffung eines E-Autos soll dennoch nicht unterstützt werden.

    Zeitlich nicht ganz so ambitioniert, was die Klimaneutralität betrifft, ist die SPD: Ziel 2045, wie bereits beschlossen. Daran orientieren sich auch die Ziele für die alleinige Nutzung erneuerbarer Energien (2040). Interessant ist der Fokus auf Wasserstofftechnologien – Leitmarkt soll Deutschland in diesem Bereich werden. Damit entstehen zugleich zahlreiche neue Jobs. Den gesellschaftlichen Spalt im Blick hat die SPD den CO2-Preis kalkuliert. Er soll gerade geringe Einkommen nicht treffen, beziehungsweise die Kosten auf einem Umweg ausgleichen. Zur E-Mobilität bekennt sich die SPD bei weitem nicht so konsequent wie Linke und Grüne. Zwar soll der Nahverkehr klimaneutral ausgebaut werden, ein Verbot von Verbrennungsmotoren lehnt die Partei jedoch ab und setzt auf einen Ausbau des Ladenetzes und Förderung bei der Anschaffung eines E-Autos.

    Die FDP rückt nochmal deutlich vom ambitionierten Ziel der Grünen ab und sieht Klimaneutralität erst 2050. Grund dafür ist die Bekennung zu einem freien Markt und Unterstützung neuer Technologien fern ab von Verboten und Einschränkungen der derzeitigen Optionen. Mit dem Fokus auf weltweiten Handel soll auch der CO2-Preis weltweit einheitlich gestaltet werden. Zum innerdeutschen Ausgleich soll die Klimadividende eingeführt werden, die Gewinne aus dem CO2-Preis an die Bürger weitergibt. Ähnlich wie die SPD haben auch die Liberalen Wasserstofftechnologien im Blick und wollen diese Energiequelle unterstützen.

    Eine Privatisierung des Schienenverkehrs soll Besserung im Ausbau schaffen und so Anreize geschaffen werden, das eigene Auto stehen zu lassen. Ob das nun einen Elektro- oder Verbrennungsmotor hat, ist der FDP egal. Pauschale Verbote lehnt die Partei ab.

    Ebenfalls Fan von Wasserstoff ist die Union. Deutschland soll nach Wunsch der CDU und CSU sogar Wasserstoffweltmeister werden. In Sachen erneuerbare Energien bleibt es schwammig. Der Ausbau soll forciert werden. Wann, wie, mit welchen Intensität bleibt leider offen.

    Versprechen gibt es hingegen an die Automobilindustrie: Der Standort Deutschland soll gesichert werden und Verbote von Diesel oder anderen Motoren stehen nicht auf der Agenda. Auch nicht von Flügen. Stattdessen sollen Ausbau und Anreize helfen – zum Beispiel dabei den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Ausgerufenes Klimaneutralitätsziel ist 2045, 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gesenkt werden, bis 2040 um 88. Zum CO2-Preis fehlt ein Kommentar.

    Das passiert nach der Wahl mit den Steuern und der Wirtschaft

    Viel Geld hat die Pandemie den Staat gekostet. Doch die Finanzpolitik der Bundesregierung hat eine gute Basis geschaffen. Deshalb sollte daran auch eisern festgehalten werden, wenn es nach CDU und CSU geht. Erhöhungen soll es nicht geben. Beim Blick auf die Finanzpolitik stehen mal wieder große Vermögen und Unternehmen im Fokus. Für letztere sollen die Steuern bei 25 Prozent gedeckelt werden, bei ersteren lehnt die Union eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ab. Das ist er also: Der große Entfesselungspakt für die Wirtschaft.

    Dennoch gibt es auch für die Normalbürger ein Versprechen: Lohnzusatzkosten sollen nicht weiter steigen und bei maximal 40 Prozent bleiben. Kleine und mittlere Einkommen sollen außerdem bei der Einkommenssteuer mehr entlastet werden. Steuerliche Vorteile für Ehegatten durch das Ehegattensplitting sollen bestehen bleiben und künftig durch einen vollen steuerlichen Grundfreibetrag für Kinder, also das Kindersplitting, erweitert werden. Auch Alleinerziehende sollen künftig einen höheren Freibetrag erhalten.

    Eine Absage erteilt die SPD der schwarzen Null. Neue Schulden sollen helfen Investitionen zu leisten. Bei der Besteuerung von Einkommen soll es gerechter zugehen. Dabei haben die Sozialdemokraten vor allem kleine und mittlere Einkommen im Blick. Im Gegensatz zur CDU soll es den Spitzeneinkommen stärker an den Geldbeutel gehen – drei Prozent sollen die Belastungen steigen. Dabei schraubt die SPD aber ordentlich am Spitzensatz, der künftig erst ab 500.000 Euro im Jahr bei Verheirateten und bei 250.000 Euro bei Ledigen in Kraft tritt. Auch mit einer Rückkehr der Vermögenssteuer liebäugelt die SPD während die Erbschaftssteuer reformiert werden soll und eine Finanztransaktionssteuer Geldtransfers besteuern soll. Im Gegensatz zur CDU ist bei der SPD Schluss mit Ehegattensplitting.

    Das ist auch der Wunsch von den Grünen. Auch sie bitten Vermögende künftig stärker zur Kasse (Ein Prozent Abgabe ab einer Millionen Euro Vermögen). Dafür soll eine Staffelung eingeführt werden, die zum Beispiel 45 Prozent bei Einkommen ab 100.000 Euro und 48 Prozent bei Einzeleinkommen von 250.000 Euro vorsieht. Entlastung für kleine und mittlere soll ein höherer Grundfreibetrag schaffen. Die Steuerpläne bedeuten bei den Grünen vor allem Reinvestionen in Klimaneutralität. So sollen zum Beispiel die Einnahmen aus der Vermögenssteuer in den Ausbau der Schulen fließen.

    Wer nun als Vermögender bereits sein Sparschwein fest umschließt, sollte die Hände noch einmal fester zudrücken, bevor er diese Passage liest. Denn die Linke zieht den Gürtel für Reiche so richtig fest. Ihr Fokus in Sachen Entlastungen liegt klar bei kleinen Einkommen. Hohe Einkommen, Kapitalgewinne, Aktienvermögen und Erbschaften werden mit großen Besteuerungen belegt – im Sinne der Solidarität. Ein Beispiel sei mit der Vermögenssteuer genannt. 50 Millionen Euro bilden den Höchststeuersatz mit fünf Prozent, alle mit mehr als zwei Millionen Euro Vermögen sollen Geld abgeben um die Pandemie-Kosten zu refinanzieren. Es folgt die Reichensteuer und der Solidaritätspakt |||, der alle Einkommen oberhalb von 260.533 Euro betrifft. Neuer Spitzensteuersatz ab 70.000 Euro sind dann übrigens 53 Prozent.

    Entlastungen gibt es hingegen an der unteren Grenze, die ebenfalls mit angehoben wird – was sich positiv auf vielen Konten zeigen wird. So sollen zum Beispiel Jahreseinkommen von weniger als 14.400 Euro künftig steuerfrei bleiben.

    Wie SPD und Grüne erteilen auch die Linken der Schuldenbremse und dem Ehegattensplitting eine Absage und wollen beides abschaffen.

    Fehlt nur noch die freiheitsliebende FDP. Die möchte, kurz gesagt, Steuerentlastungen für alle fair gestalten. Im Fokus liegen auch bei den Liberalen die gebeutelten kleinen und mittleren Einkommen. Mithilfe einer Abgabensenkung auf unter 40 Prozent für Lohnzusatzkosten und der flächendeckenden Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Mit dem Blick auf Familien sollen insbesondere die Freibeträge für Alleinerziehende, Kinder und Auszubildende angehoben werden. Und auch das Ehegattensplitting bleibt, wenn es nach den Liberalen geht.

    Gleichzeitig steht bei der FDP eine Novellierung des Spitzensteuersatzes an – erst ab 90.000 Euro Jahreseinkommen soll er greifen. Zugleich sollen weder die Erbschaftssteuer abgehoben werden, noch die Vermögenssteuer eingeführt werden. Und auch an der Schuldenbremse möchte die FDP festhalten.

    Für Unternehmen bietet die Partei die Abschaffung der Gewerbesteuer und eine Senkung der Steuern für Unternehmen auf unter 25 Prozent. Und es sollen bürokratische Hürden beseitigt werden. Damit, so der Wunsch dahinter, sollen Anreize für Neugründungen geschaffen werden.

    Ein Lichtblick für uns “Normale Menschen” ist auch ein Ende des Steuererklärungsgraus. Sie soll vom Finanzamt vorausgefüllt werden und so einfacher werden. Zudem sollen mehr Werbekosten für die Arbeit im Homeoffice angerechnet werden können, um auch da Anreize zu schaffen.

    Und wie steht’s um die Digitalisierung?

    Kaum etwas hat uns die Coronapandemie so schmerzhaft vor Augen gehalten, wie die Tatsache, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung wohl eher an ein Entwicklungsland erinnert. Somit ist dieses Thema absolute Pflicht im Wahlprogramm.

    Neben den ganzen Kreuzvermerken in Kapiteln über Bildung, Verwaltung oder Medizin haben einige Parteien sich diesem Thema nochmal ganz explizit gewidmet. Allen voran die FDP. Ein eigenes Digitalministerium soll her und neben den politischen Entscheidungen auch die Koordination des Ausbaus übernehmen, der 2025 bundesweit in 5G-Stärke vollendet sein soll. Das klingt utopisch und das ist es auch – wäre nicht die Finanzierung über die Nutznießer des Internets, also allen. Immerhin sollen private Haushalte und kleine, sowie mittlere Unternehmen mit Gutscheinen bei der Investition unterstützt werden.

    Fokus liegt insbesondere auf den Verwaltungen, die deutlich digitaler werden sollen – so sollen Behördengänge zum Beispiel weitestgehend über das Internet abgedeckt werden und eine Plattform geschaffen werden, auf der Bürger ihre Daten hinterlegen können, um die Behördengänge zugleich zu vereinfachen. Mehr Informationen im Netz heißen auch mehr Gefahren durch Cyberangriffe – um sich dagegen zu wappnen möchte die FDP das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (noch nie gehört? wir auch nicht!)  aufrüsten. Auch soll Verschlüsselungstechnik helfen die sensiblen Daten zu schützen und außerdem Standard in der elektronischen Kommunikation werden.

    Für die einen mag es ein Rückschritt sein, für die FDP konsequente Freiheit: Dem Zugriff auf personenbezogene Daten muss im Einzelfall zugestimmt werden und die gesetzlichen Grundlagen dafür nicht nur verbessert, sondern auch eindeutiger gestaltet werden, um Grauzonen zu vermeiden. Und wo wir gerade bei digitalen Gesetzen sind… Sagt euch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz etwas? Es soll Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte in den sozialen Medien wirksamer bekämpfen. Eine gute Sache? Findet die FDP nicht. Sie will das 2017 in Kraft getretene Gesetz wieder abschaffen.

    Mit dem Wunsch nach einem Ministerium für Digitalisierung gehen CDU und CSU mit der FDP d’accord. Als Beispiele für die Aufgabengebiete nennt die Union die Koordination von digitalpolitischen Projekten, wie der Corona-Warn-App oder dem elektronischen Personalausweis. Auch ein TÜV soll dort angesiedelt sein, der Gesetze auf ihre Tauglichkeit für die digitale Welt hin prüft. Weil Apps bei der Union noch ähnlich brandneu sind, wie 2013 das Internet (diese Spitze muss sein, sorry!), soll es allerlei Verwaltungsapps geben – vom Steuerrecht über Verbrauerrecht bis hin in die kleinteilige Organisation der Kommunen. Damit, so der fromme Wunsch, geht alles künftig so schnell wie das Internet arbeitet. Dafür müsste es nur dann auch zuverlässig arbeiten, sonst sitzt der Hausarzt künftig länger am Verbindungsaufbau für den Onlinetermin mit seinem Patienten, als im Termin selbst.

    Für das Märchen vom 5G-Netz stellt die Union immerhin ganz konkret 15 Milliarden Euro in Aussicht. Davon soll flächendeckend ausgebaut werden. Von dort an wird es sehr bürokratisch und stelzig mit den Wünschen der Schwesterparteien. Drei Säulen, bestehend aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt sollen die Cyber-Sicherheitsagentur bilden. Während auf der einen Seite der “übertriebene Datenschutz” beendet werden soll, weil er eben kein “Super-Grundrecht” ist, sollen Sicherheitsbehörden auf der anderen Seite Online-Durchsuchungen und die Quellen-TKÜ zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung einsetzen dürfen. Etwas unstimmig erscheint im Kontrast zur Abschwächung des Datenschutzes und dem Ausbau der Datentransparenz (zum Beispiel für Alexa und co. (kein Scherz)) auch das Heraufschrauben zum Schutz von Identitätsdiebstahl, als wäre Datenschutz keine Informationsquelle für eben die, die diesen Diebstahl betreiben. Eingeführt werden soll ein Register, bei dem (lassen wir es bei der Kurzform) Händler und Inkasso-Unternehmen Bestelladressen abgleichen können. Und bleiben wir abschließend noch bei der eigenen ID: In der digitalen Bürgeridentität sollen Steuer-ID und Sozialversicherungsnummer zusammengefasst werden und so Verwaltungsdienstleistungen einfach und automatisiert an einer Stelle erledigt werden: Dem Spitzeninternet.

    Auch die SPD strebt eine digitale Verwaltung an und hat einen Plan für den Datenschutz. Der geht jedoch in die gegensätzliche Richtung der CDU und CSU: Sie plant den Aufbau gut ausgestatteter und effektiver Datenschutzaufsichtsbehörden. Und auch für das Netzdurchsetzungsgesetz sieht sie anders als die Liberalen nicht das Ende gekommen, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung für angebracht. Ähnlich zur Union sind die Pläne zum Ausbau des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik nur heißt es bei der SPD dann Cybersicherheitsbehörde.

    Die SPD möchte Deutschland zumindest was die Digitalisierung angeht wieder auf Weltniveau führen und das bis 2030. Während FDP und Union von 5G sprechen, strebt die SPD ein Gigabit pro Sekunde an und zwar für alle – sie denkt dabei auch an die Menschen mit geringem Einkommen und plant direkt einen Sozialtarif. Und immerhin hat die SPD im Kopf, dass nicht jeder deutsche Staatsbürger Digital-Nativ ist und gerade Ältere Hilfe beim Netz benötigen. Daher fordert sie: Recht auf digitale Bildung für alle. Wie das umsetzbar ist? Bleibt offen. Aber apropos Bildung. Schulen sollen laut der SPD Orte digitalen Lernens werden – mit Internetzugang und Endgeräten für alle. Und weil die Vernetzung nicht beim Kabel endet steht sogar ein schier wahnwitziger Vorstoß im Programm: Per Gesetz soll die Kommunikation zwischen verschiedenen Messenger-Diensten und sozialen Netzwerken möglich werden. Und auch für den Handel gibt es noch eine Idee, die zwar so gar nicht weltweit ist, aber das Internet dorthin bringt, wo es oft als Feind beschrien wird: In den stationären Einzelhandel. Plattformen, die diesen fördern sollen vom Bund gefördert werden – für regionale Angebote.

    Das Ende der Privatisierung ist eines der Leitmotive linker Politik. Natürlich, wenn es um die Digitalisierung geht. Denn nur so kann sich der Ausbau des Netzes am Gemeinwohl orientieren (und bis in die Unendlichkeit ziehen). Immerhin strebt die Partei ähnlich wie die Union Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro Fördersumme an. Zeitgleich soll der Freifunk aber eine entscheidende Rolle für das Internetangebot bilden. Interessant ist neben der Einführung kostenloser Leihgeräte für jedes Kind während seiner Schulzeit auch die Einführung von gesetzlichen Vorgaben zu Mindestlebensdauer, Reparaturen und verpflichtenden Software-Updates für digitale Endgeräte.

    Auch die Stärkung der Datenschutzbehörden stehen auf der Agenda der Linken – sie strebt ebenfalls eine Erweiterung der Datenschutzgrundverordnung an und möchte das Prinzip der Netzneutralität sogar im Grundgesetz verankern. Außerdem soll es Plattformgenossenschaften geben, die eine Alternativen zu Facebook, Google und Amazon darstellen sollen. Datenaustausch zwischen den sozialen Medien wollen auch die Linken gesetzlich verpflichtend ermöglichen.

    Schluss soll mit der Überwachung von Bürgern durch Technik sein – also mit automatischer Gesichtserkennung und Videoüberwachung im öffentlichen Raum, sowie der Vorratsdatenspeicherung und den Online-Durchsuchungen.

    Die Grünen wollen einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet einführen und so den Kampf gegen die weißen Flecken auf der Netzkarte einläuten – in grün natürlich. Dafür sollen Server etc. mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dass die Verwaltung digital werden muss, ist bei den Grünen unstrittig. Das große Ziel dabei ist ein digitaler, antragsloser, unbürokratischer und proaktiver Staat. Dazu soll jede Person eine digitale ID erhalten, die diese Abläufe deutlich vereinfacht.

    Auch die Justiz soll bei den Grünen digital werden und sie planen eine Einführung von Online-Verfahren, die eine deutliche Entlastung bedeuten würde. Auch die Verbesserung der ärztlichen Versorgung unterliegt dieser Idee. Telemedizin und digitalen Patientenakten sollen es möglich machen, Glasfasernetz in jedem Haus und flächendeckendes, Mobilfunkanbieter unabhängiges Netz die Versorgung von überall ermöglichen. Ähnliches gilt für das Konzept Schule 2.0. Wie selbstverständlich sollen Laptop und Tablet zum Schulmaterial gehören und für die Fälle von Schulschließungen die alternativen Klassenräume bilden.

    Natürlich wissen die Grünen, dass die Verlagerung ins Internet mehr Risiken bedeutet und auch sie haben sich Gedanken dazu gemacht. An den derzeitigen Sicherheitsstandards wollen die Grünen festhalten, eine Ausweitung der Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchungen lehnen sie jedoch ab. Für die Bekämpfung von Hass im Netz setzten die Grünen auf EU-weite Zusammenarbeit.

    Es bleibt die Frage: Und nun?

    Und nun? Sind wir schlauer, sicherer, entschiedener? Der Vergleich der Parteiinhalte aus den vergangenen Wochen hat Unterschiede und inhaltliche Ähnlichkeiten aufgezeigt. Manchmal waren sich offenbar so gegensätzliche Parteien doch so nah, was Ansichten angeht. Wie könnte die nächste Bundesregierung aussehen? Wir wissen es nicht. Wir hoffen aber darauf, dass es eine geben wird. Und das erreichen wir damit, dass wir alle zur Wahl gehen. Dass wir unsere Stimme nutzen und bewusst für die Inhalte einsetzen, die uns am Herzen liegen.

    Falls du unsicher bist und etwas mehr Orientierung benötigst können wir dir drei Tools zur Findung der Wahlentscheidung empfehlen. Der Klassiker ist der Wahl-O-Mat von der Bundeszentrale für politische Bildung. Aber auch der Wahlkompass der Uni Münster ermittelt aufgrund deiner Bewertung bestimmter Thesen auf einer Skala, welche Partei deinen Ansichten am ähnlichsten ist. Deinwal.de untersucht die Thesen hingegen mit den Abstimmungen der Parteien aus der Vergangenheit um zu sehen, welche Partei in deinem Sinne gehandelt hat oder hätte. Auch den Wahl-Swiper, das Tinder der Wahl, hilft dir bei der Entscheidungsfindung und es gibt noch zahlreiche weitere Tools mit inhaltlichen Ausrichtungen, zum Beispiel zu Klima, Antirassismus oder Sozialpolitik.

    Egal wie du zu einer Entscheidung kommst: Bitte lass dich nicht beeinflussen und entscheide aus deiner Überzeugung heraus und: Bitte geh wählen. Das ist der wichtigste Termin in dieser Woche.

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    Unser Redaktionsteam schreibt über alle Themen, die dich als Mama, Schwangere, Partnerin, Ehefrau, Freundin, Alleinerziehende oder einfach nur als Frau interessieren. Wenn dir ein Inhalt fehlt oder du selbst über etwas schreiben willst, deine Geschichte erzählen möchtest oder uns einfach eine andere Perspektive geben will, schreib uns an redaktion@mother-now.de.de

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