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    FRAG MAL MONA
    „Ich nutze den Weihnachtsmann bei meinem Sohn (4) als Drohmittel, weil es so schön praktisch ist. Wie komme ich da wieder raus?"

    Die Familientherapeutin Mona Kino beantwortet eure Fragen und berichtet aus ihrer Perspektive. Es sind keine Lösungen im herkömmlichen Sinn (denn die eine Lösung gibt es nicht), vielmehr Anleitungen und Ideen dafür, den individuellen Lösungen in sich auf die Spur zu kommen.

     

    „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, drohe ich meinem Sohn (4) in der Adventszeit ständig damit, dass der Weihnachtsmann ihm keine Geschenke bringt, wenn er dies oder das nicht tut: Der Oma keine Weihnachtskarte bastelt, sich nicht anzieht, zu viel Lebkuchen isst, nicht gehorcht oder, oder, oder. Und ich fühle mich schlecht dabei, aber es ist so praktisch. Wie komme ich da wieder raus?“, fragt sich Birgit.

     

    Liebe Birgit,

    das verstehe ich. Wenn wir zu Mitteln wie Erpressung greifen, fühlen wir uns meistens schlecht. Du möchtest ja viel lieber wissen, weshalb dein Sohn der Oma keine Karte basteln will, er zu viele Lebkuchen isst und nicht auf das hört, was du von ihm willst. Auch wenn Erpressung nicht das Gelbe vom Ei im Miteinander mit unseren Kindern ist, ist es manchmal doch das Beste, was wir in dem Moment zu geben haben. Einfach, weil wir keine andere Idee haben, was wir sonst tun können. Wir greifen dann auf die Durchsetzungsstrategie zurück, die wir in unserem eigenen Elternhaus erlernt haben. Deshalb möchte ich dir sehr gerne eine Alternative zum Reflektieren und Ausprobieren anbieten.

     

    Wenn ich dir jetzt gegenübersitzen würde, würde ich dich zunächst einmal fragen, wie du ihn darum bittest. Sagst du: „Ich möchte gern, dass du der Oma eine Karte bastelst.“ Oder: „Ich hätte gern, dass du weniger Lebkuchen isst.“?

    Wenn wir unsere Erwartungen und Wünsche im Konjunktiv formulieren – hätte, würde -, versteht unser Gegenüber nicht die Dringlichkeit, die sich für uns dahinter verbirgt. Wenn du ihm hingegen klar sagst, was du willst, weiß er, dass dir das wirklich wichtig ist.

    „Wenn wir klar sind und auch so sprechen, kann uns auch unser Kind verstehen.“

    Auch eine Formulierung wie „Könntest du bitte nicht so viele Lebkuchen essen?“ gibt deinem Sohn die Möglichkeit, mit Ja oder Nein zu antworten. Klar kann er das, aber warum sollte er, wenn die Lebkuchen doch so gut schmecken und noch dazu überall herumstehen. Für ihn ist das wie im Spielzeugladen zu stehen und NICHTS anfassen zu dürfen. Diesen Reifegrad hat kein Kind in diesem Alter. Diese Kausalität verstehen Kinder erst mit frühestens 10 Jahren. Deshalb sind Sätze wie „Wenn du das nicht machst, dann…“ – oder in deinem Fall – „…dann sage ich dem Weihnachtsmann, dass er nicht kommen soll.“, zwecklos.

    Was bei ihm übrig bleibt, wenn du so mit ihm sprichst, ist Angst. Angst vor dir, und dem Weihnachtsmann. Und er spürt Scham und Schuldgefühle.

    Besser bekommen wir, was wir wollen, wenn wir das nicht hinter Wünschen verstecken. Und dafür können wir uns ein Beispiel an unseren Kindern nehmen. Die können nämlich bis sie in den Kindergarten oder die Schule kommen, sehr gut sagen, was sie wollen und was nicht. „Ich will einen Lebkuchen“- darauf kann jeder von uns mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ antworten. Solltest du im Nachhinein bemerken, denn das passiert schnell, dass du aus Trotz „Nein“ oder aus Sorge vor Tränen „Ja“ gesagt hast, dann achte in den nächsten zwei Wochen ganz allgemein mal darauf, ob es dir schwerfällt, deine Zustimmung oder Ablehnung zu etwas klar auszudrücken.

     

    Dein Sohn lebt im Hier und Jetzt. Da ist nach dem Kindergarten NOCHMAL basteln einfach nervig. (So wie du genervt bist, wenn du nach Arbeitsschluss noch eine Mail geschickt bekommst, in der du gebeten wirst, dies und jenes doch noch zu erledigen.) Mit dem Spielzeug, oder dem Kumpel zu spielen, den er den ganzen Tag nicht gesehen hat, ist hingegen viel attraktiver.

     

    Wenn du ihm dafür Zeit gibst und ihm in etwa Folgendes sagst und nicht fragst, denke ich, wird er der Oma doch die Karte basteln:

    „Mein Herzblatt, ich kann mir vorstellen, dass du gerade keine Lust dazu hast, mit mir eine Karte für Oma zu Weihnachten zu basteln. Ich bin auch ganz schön erledigt vom heutigen Tag und brauche etwas Entspannung. Ich will das aber unbedingt machen, weil es mir wichtig ist, Oma eine Freude zu machen. Ich hole dich in einer halben Stunde bei deinem Kumpel ab und dann basteln wir eine halbe Stunde zusammen.“ 

    Dazu gibt es dann einen Lebkuchen und einen Tee. Die restlichen Lebkuchen stellst du weg, auch wenn sie in der Adventszeit bestimmt schön auf dem Küchentisch aussehen. Wenn du nicht willst, dass dein Kind so viel Lebkuchen isst, trägst du die Verantwortung dafür, ihm die für dich passende Menge zu geben. Süßes ist für Kinder in dem Alter einfach ein „sicheres“ Nahrungsmittel. Das hat mit den Geschmacksnerven zu tun, die sich erst im Laufe des Lebens entwickeln.

    Die Erpressungsstrategien haben wir in unserer eigenen Kindheit gelernt

    Ich will noch auf deinen dritten Punkt ein: Ungehorsam. Denn vermutlich wirst du dich fragen: Was, wenn er sich doch weigert?

     

    Ich vermute, dass du die Erpressungsstrategie schon früher benutzt hast und dein Sohn sich erst einmal daran gewöhnen muss, dass du sie von nun an sein lässt. Wenn er nicht sofort aufspringt und sein Spielzeug oder seinen Kumpel links liegen lässt, bitte ihn, sich zu verabschieden (so wie du auch gerne deinen Arbeitsplatz, bevor du gehst, nochmal für den nächsten Tag sortierst oder dich von deiner Freundin verabschiedest, wenn die gemeinsame Zeit vorbei ist, oder?) Zähle langsam bis zehn, denn die Synapsen im Gehirn eines Kindes sind langsamer, als die von Erwachsenen, um die Informationen zu verarbeiten, die sie empfangen.

    Meistens kommen die Kinder dann von allein. Würdest du stattdessen eine Drohung oder ein „Ich hab‘s ja geahnt“, oder „Ich hab das doch mit dir abgesprochen“ äußern, ist er mit diesen ärgerlichen Gefühlen von dir konfrontiert, er fühlt sich schuldig und schämt sich, dass er das vergessen hat. Das überfordert ihn und davor geht er in Deckung.

    (Oder gehst du gern mit jemanden weg, der dir nicht glaubt, dass du ihm gern behilflich sein willst, du nur noch ein bisschen Zeit brauchst? Ich jedenfalls nicht. Und ich bin erwachsen.)

     

    Kinder kooperieren immer mit uns. Sie lieben uns bedingungslos und geben eher ihre eigene Integrität auf, als uns zu enttäuschen. Wenn sie lange für uns nicht wertvoll waren, mit dem wie sie sind, spiegeln sie uns ihren Kooperationswillen spiegelverkehrt, mit Wut, Trotz, Ungehorsam. Ihnen fehlen die Worte dafür, uns zu sagen: „Du, ich mag nicht, wie du mich um meine Mithilfe bittest.“ Der Sprachschatz und das Sprachvermögen eines Vierjährigen befinden sich im Aufbau. Die Worte, die du ihm dafür zur Verfügung stellst, die Art und Weise, wie du ihm begegnest, wird er dann in Zukunft selbst benutzen. Denn Kinder lernen nicht, was man ihnen sagt, sondern was man ihnen vorlebt.

     

    Aber ganz gleich, ob ihr die Karte nun gemeinsam bastelt, oder nicht, setz dich in einem ruhigen Moment einmal neben ihm, und sage ihm:

    „Ich weiß, ich hab dir damit gedroht, dass der Weihnachtsmann nicht kommt, wenn du die Karte nicht bastelst. Das war das Beste, was mir in dem Moment eingefallen ist. Aber wenn ich will, dass du mich ernst nimmst, dann will ich ab jetzt lieber anders mit dir sprechen.“ 

    Liebe Birgit, ich wünsche euch eine schöne Adventszeit, und als Idee: Frag ihn doch mal, wie er von seinen Freunden das bekommt, was er will.

    Herzlich Mona

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    Mona Kino ist Autorin und erlebnisorientierte Familientherapeutin in Berlin. Seit 2014 praktiziert sie TrainingEmpathy. Sie ist Trainerin, Supervisorin und Referentin für Teambuilding in der Erwachsenenbildung. Ihr Ziel ist, den Menschen ein stärkeres Selbstgefühl für ihre persönlichen Kompetenzen zu vermitteln, damit sie jederzeit klare und für sie stimmige Entscheidungen im Miteinander treffen können. Sie ist Mutter von zwei Jugendlichen und schreibt, neben Drehbüchern, Artikel zum Thema Beziehungskompetenz und Empathie in Schule, Familie und Gesellschaft. www.monakino.de

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