
5 Minuten mit LUCIEKOLUMNE #13 - Tanya aka Lucie Marshall entdeckt, wie uns Poesie in der Kindererziehung helfen kann
Wer ist Lucie Marshall?
Was rettet einen im Alltag mit Kindern? Ganz genau. Der Humor. Aus diesem Grund hat unsere Social Moms Mitgründerin Tanya ihr Alter Ego „Lucie Marshall“ ins Leben gerufen. Da war ihr Sohn knapp 2 Jahre alt ist. In den Kolumnen erzählt Lucie von den kleinen und großen Desastern des Familienalltags, Schlafentzug oder Spielplatzstress – allerdings immer so, dass man einmal durchatmen kann und vor allem herzhaft lachen darf. Entweder über Lucie oder über sich selbst, oder beides, weil sie sich so ähnlich sind.
Hier geht's zur Audio-Version der Kolumne, gelesen von Autorin Tanya Neufeldt:
Wo bleibt die Poesie in der Kindererziehung?
Reisen führt im besten Falle immer zu einem Perspektivwechsel: Man lernt andere Abläufe kennen, anderes Essen, der festgefahrene Kopf wird durchgeschüttelt. Und auch in punkto Kindererziehung kann man ganz neue Ansätze entdecken.
„In England sagten mir immer alle, mein ältester Sohn sei ein Genie“, erzählte mir Adita, „aber ich habe immer abgewunken: Das hat nichts mit Genie zu tun. Er ist eine alte Seele, er war schon sehr oft da und hatte viele Leben zum Üben. Und jetzt kann er es natürlich schon viel besser.“
Adita wurde in Colombo geboren, lebte in Amerika, Australien und England und ist Mutter von drei Kindern. Und sie ist, wie knapp 70 % der Bevölkerung Sri Lankas, Buddhistin. Für Buddhisten ist die Wiedergeburt eine Selbstverständlichkeit wie für die Katholiken die unumstößliche Tatsache, dass Maria eine unbefleckte Empfängnis hatte.
Wer jetzt aber das Bild vor Augen hat, dass Adita mit wehenden Saris und Räucherstäbchen herumläuft und sie in die Ecke „leicht meschugge“ stecken möchte, der vertut sich gewaltig. Adita ist eine bildschöne, stilsichere Geschäftsfrau und ehrlich gesagt, möchte man bei ihr nicht auf der falschen Seite des Tisches sitzen. She is a tough cookie.
Als Buddhistin ist die Wiedergeburt für sie völlig normal und eine Selbstverständlichkeit, die sie in ihren Alltag integriert. „Mein zweiter Sohn ist eine jüngere Seele“, erzählt sie weiter, „der tut sich mit allen Dingen sehr schwer. Da kann man als Mutter nur eines tun: Das Selbstbewusstsein stärken und Geduld haben.“
Und während sie so erzählt, denke ich: „Egal, ob man an die Wiedergeburt glaubt oder nicht, diese Sichtweise schenkt einem eine andere Perspektive auf Kinder und Kindererziehung. Da steckt ganz viel Poesie drin.“
Es hat nicht das hysterische „Oh Gott, mein Kind ist ein GENIE!!“ oder „Oh mein Gott, mein Kind kriegt nichts auf die Kette!“, sondern es birgt eine Milde in sich und etwas Liebevolles, was mir bei uns mit allem Förderwahnsinn in alle Richtungen immer fehlt.
Ich schaue mir Sam oft an und denke, was habe ich da eigentlich zu sagen? Die bringen soviel Eigenes mit, da kann man nur noch ganz sanft die Weichen stellen oder vielleicht auch nur die Schienen von ein bisschen Unkraut befreien.
„Wenn man Kinder hat, dann kommt man immer wieder zurück. Oft ist man dann auch mit ihnen verbunden. So glauben wir Buddhisten.“
Wer sich jetzt ängstlich fragt, was hat sich die Lucie denn am Wochenende eingeworfen, den kann ich beruhigen, es war alles legal.
Aber ganz unabhängig davon, ob man Buddhist ist und an die Wiedergeburt glaubt oder nicht, ist es nicht eine immense Erleichterung, den Rahmen größer aufzuziehen? Und nicht nur versteinert und starr vor Angst auf das nächste Schuljahr zu schauen? Oder verunsichert zu sein, ob das Kind bereits mit 2 Jahren Seilhüpfen kann oder nicht?
Ist es nicht eine fast streichelnde Erleichterung, den Gedanken zuzulassen, dass wir – also unsere Seele – mehr als einen Zyklus zum Lernen zur Verfügung hat und dass wir alle mehr als eine Gelegenheit bekommen? Und dass unsere Kinder ihre eigenen Aufgaben und Übungen mitbringen und wir eigentlich hauptsächlich dazu da sind, sie mit viel Liebe zu betrachten und sie zu begleiten und zu stärken? Wir alle haben in Form unserer Kinder originelle Unikate geschenkt bekommen. Und Unikate soll man bekanntlich weder kopieren noch verändern, sonst verlieren sie das, was sie ausmacht.
Und lässt diese Sichtweise nicht auch einen milderen Blick auf uns als Mütter und Eltern zu? Also, mir wird es bei diesen Gedanken gleich viel leichter.
In diesem Sinne: Guten Wochenstart, viel Spaß mit euren Unikaten. Und auf mehr Poesie in der Kindererziehung!