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    Unsere Mutter-Tochter-Beziehung
    Die Facetten einer Mutter-Tochter-Beziehung sind vielfältig. Von der bedingungslos unterstützenden Mutter über die schweigsame Versorgerin der Familie bis hin zur distanzierten Frau, zu der nie eine tiefere Bindung entsteht. – Wir alle sollten uns mehr mit dieser besonderen Beziehung auseinandersetzen. Wir zeigen einen Weg und stellen euch ein Buch vor, das die Reflexion vereinfachen kann.

    Die Beziehung zur eigenen Mutter ist eine ganz Besondere und eine die uns ein Leben lang begleitet. Ob mit engem Kontakt oder einem weniger innigen Verhältnis, es steckt einfach so vieles von unserer Mutter in uns und hat uns geprägt und prägt uns noch. Vieles davon wird uns vielleicht erst bewusst, wenn wir selbst älter oder Eltern werden. Und plötzlich erkennen wir die eigene Mutter in uns selbst wieder. 

    Ob das dann ein gutes oder schlechtes Wiedersehen mit den bekannten Verhaltensmustern und Eigenschaften ist, sei dahingestellt. Aber wieso sind unsere Mutter-Tochter-Beziehungen oftmals so schwierig? Wieso sind unsere gemeinsamen Verhaltensmuster so oft so festgefahren? Wieso bildet der Alltag oft die Brücke für Gesprächsthemen und wieso bleiben viele wesentlichen Dinge so oft unausgesprochen? Und wieso ist es so schwer die Art der Kommunikation grundlegend zu verändern?

    Schreiben statt sprechen, um die Grenzen in der mündlichen Kommunikation zu überwinden?

    Auch Journalistin und Redakteurin Wiebke Dierks hat sich ähnliche Fragen gestellt. Sie hatte den ganz persönlichen Wunsch, ihrer Mutter einen Brief über ihre Beziehung zu schreiben. „Ich dachte, dies würde mir leichter fallen, als ein gemeinsames Gespräch zu führen, weil unsere Unterhaltungen oft an Grenzen stießen, wir nie wirklich gelernt hatten, uns auf einer tiefen emotionalen Ebene auszutauschen. Und das, obwohl wir im Alltag ein zugewandtes und liebevolles Verhältnis haben.

    Warum ist das so?

    Das wollte ich herausfinden. Mithilfe des Briefes konnte ich meiner Mutter etwas bis dahin nicht Sagbares näherbringen und damit etwas für unsere Beziehung tun, sie verbessern. Denn gute Beziehungen fallen ja nicht einfach vom Himmel. So der Plan. Bis ich allerdings den Brief zur Post brachte, verstrichen Jahre. Ich drückte mich lange davor, weil ich ahnte, dass es nicht nur um mich, sondern auch um ihre eigene Geschichte als Tochter gehen würde.“

    So entstand die Idee zu einem Buch, in dem 21 Töchter mit Lebensgeschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, ehrliche und offene Briefe an ihre Mütter schreiben. Sie erzählen, wie sie aufgewachsen sind, wie ihre Mütter sie geprägt haben, was sie in der Beziehung überrascht, bewegt, enttäuscht oder entfremdet hat.

    Denn von Anfang an ging es der Herausgeberin Wiebke Dierks mit „nachkommen“ darum zu hinterfragen, wie es anderen Töchtern mit der Beziehung zur Mutter geht und warum sie diese oder jene Sicht auf ihre Mutter haben und wie sie diese Beziehung auch heute noch beeinflusst. Eines haben alle 21 Autorinnen gemeinsam: Sie engagieren sich auf unterschiedliche Weise für die Gesellschaft und machen dabei auf Missstände aufmerksam. Sie ergründen ihre Herkunft, ihre Erziehung und die Beziehung zur Mutter mit Blick auf ihr jetziges Wirken.

    Im Mittelpunkt des Buches stehen die Töchter

    Es geht um ihre Sichtweisen, ihre Gefühle und Prägungen durch die Mutter. Es geht um die Frage, was sie stark gemacht, was sie angespornt, enttäuscht oder nachhaltig verletzt hat. Was verbinden sie mit ihrer Mutter, wofür möchten sie sich bedanken und was haben sie noch nie mit ihr besprochen oder erst im Laufe ihres Lebens verstanden?

    Gefragt hat Wiebke Dierks Töchter, deren Lebensgeschichten sie beeindruckt haben. Ihr war wichtig, dass sie sich gesellschaftlich engagieren oder als Aktivistinnen auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen. Dass sie sich beispielsweise in bisher vorwiegend von Männern besetzten gesellschaftlichen Rollen, Funktionen oder Räumen bewegen. Dass sie auf Ungleichheiten oder strukturelle Diskriminierung hinweisen und diese aktiv überwinden wollen, aus unterschiedlichen Milieus und Generationen heraus.

    Wichtige Erkenntnisse für eine gute Mutter-Tochter-Beziehung

    Psychotherapeutin Claudia Haarmann hat Wiebke Dierks mit vielen Antworten im Buch zur Seite gestanden. Haarmanns Schwerpunkte sind Bindungs- und Beziehungsdynamiken in Familien und deren Auswirkungen auf das Erwachsenenleben. Sie glaubt, „dass wir alle lernen müssen, menschlicher miteinander zu sein. Wir sollten uns mehr annehmen, wie wir sind und verstehen: Wir alle machen Fehler, auch schwerwiegende Fehler. Das anzuerkennen macht uns menschlich. Mütter machen Fehler, Kinder machen Fehler. Die Fehler von jungen Leuten fallen noch nicht so auf wie die der Eltern. Aber sie werden es auch noch.“

    Hat sich etwas verändert im Umgang von jungen Frauen mit ihren Müttern?

    Haarmann: „Ich erlebe, dass junge Menschen zum ersten Mal viel mehr kommunizieren und reflektieren, was in ihren Familien passiert ist. Sie fragen sich: »Was ist hier los? Was vermisse ich? Wie sind die Gesprächsstrukturen bei uns? Welche wiederkehrenden Muster gibt es?« Allgemein ist das Bewusstsein für Bindungsthemen gestiegen und es ist akzeptierter, sich Unterstützung und Hilfe zu holen.

    Meine Generation ist oft noch mit der Faust in der Tasche vom Elternhaus weggegangen. Wir haben nichts gesagt oder angesprochen. Jetzt wächst eine Generation heran, die sagt: »Nein, wir benennen das und besprechen das miteinander.«

    Innige Freundschaften und auch die Social-Media-Kanäle haben sicherlich auch dazu beigetragen, dass man sich vernetzt, austauscht und eine Offenheit untereinander entwickelt, die Mutter oder Großmutter sich nie getraut hätten.“

    Das schönste (und vielleicht wichtigste?) Kompliment einer Tochter an die Mutter

    Nochmal die Bindungsexpertin: „Ich glaube, die schönste Geste ist, danke zu sagen, für das, was man als Tochter bekommen hat. Aber eben auch für das, was die Mutter nicht richtig hat machen können, denn wir wachsen an den Defiziten, nicht an den Geschenken!“

    Warum sich jede Tochter mit ihrer Mutterbeziehung auseinandersetzen sollte

    Haarmann: „Wenn ich eine problematische Beziehung zu meiner Mutter habe, dann gibt es immer einen Teil in mir, der im Hadern bleibt, immer einen Teil, der Zweifel hat und der nagt, der sich sehnt, der viel Energie zieht und viel Aufmerksamkeit braucht. Im Grunde geht es um mich selbst. Darum, mit mir selbst in Frieden zu kommen.“

    Große Gefühle, Dankbarkeit, Verletzungen, Liebe & Zerwürfnisse

    Wir haben die Herausgeberin Wiebke Dierks nach ihrem Ansporn für das Buch gefragt: „Wenn Töchter über ihre Mütter schreiben, geht es immer um große Gefühle. Dankbarkeit, Verletzungen, Liebe, aber eben manchmal auch um tiefe Zerwürfnisse. Diesen unterschiedlichen Gefühlen wollte ich auf den Grund gehen.

    Warum sind Töchter, die längst aus dem Kinderschuhen entwachsen sind und ein unabhängiges Leben führen, oftmals noch so konflikthaft verstrickt mit ihren Müttern? Warum haben einige eine so schöne vertrauensvolle Beziehung und was sind die besten Voraussetzungen dafür? Warum ist die Tochter-Mutter-Beziehung in einer Gesellschaft, in der Beziehungen so vielfältig erlebbar sind, so einzigartig?

    Töchter können ihre Herkunft nicht verleugnen, weil die ersten Jahre im Leben eines jeden Menschen nun mal sehr prägend sind. Das heißt aber natürlich nicht, dass sie sich nicht weiterentwickeln können. Gerade die jüngeren Töchter im Buch haben ein großes Wissen über Beziehungsthemen und wollen sich in ihren Beziehungen ständig weiterentwickeln.“

    Spannend fanden wir die Frage, was Wiebke aus den vielen Briefen von Töchtern gelernt hat: „Deutlich ist geworden, dass wenn Töchter sich entscheiden, ehrlich und offen mit der Mutter auseinanderzusetzen, nur gewinnen können. Denn es geht immer um eine stärkere Version von einem selbst. In der Auseinandersetzung mit der Mutter stärken Töchter ihre Identität, schaffen Klarheit über ihre Position in der Gesellschaft und schärfen ihren Blick für Beziehungsmuster und das Zusammenleben.

    Warum Aktivismus und was macht ihn aus?

    „Mich interessierte vor allem, wie der*die Aktivist*in zu der Sozialfigur der Gegenwart werden konnte und wer definiert überhaupt, wann man von Aktivismus spricht? Wo verlaufen die Grenzen zwischen der Wahrnehmung von bürgerlichen Rechten in einer Demokratie und aktivistischen Handlungen. Wenn man sich heute sogar zum*zur Aktivist*in ausbilden, sprich coachen lassen kann, ist der Aktivist dann schon ein Beruf, Ausdruck einer notwendigen Professionalisierung oder schon Beginn der Kapitalisierung und damit womöglich die einhergehende Entleerung des Begriffs? Da besonders Frauen Akteur*innen des Wandels sind, bewegen wollen, aber auch hart angegangen und kritisiert werden, wollte ich wissen, was sie antreibt. Zur Klärung dieser Fragen zog ich die Expertise der Journalistin und Historikern Lenya Meislahn heran. Die heutige Lesart besagt, dass Aktivismus nicht bloß das Gegenteil von passiv sein, ist, er verlangt mehr: ein Ziel. Beim Wort »Aktivist*in« kommt per Definition noch der Zusatz »politisch aktiv« hinzu. Inhaltsgetriebene Definitionen benennen gar die Ziele des Handelns von Aktivist*innen: sozial, ökologisch, politisch. Zusammengenommen ist Aktivismus ein Handeln, das auf gesellschaftlichen Wandel gerichtet ist. Dabei hat der Aktivismus viele Formen und kann aus unterschiedlichen Motivationen heraus entstehen. Und: Viele Aktivist*innen eint, dass sie inklusiv sind, sich gegen Ausgrenzung stark machen und sich nicht abgrenzen.“ 

    Also ist er/Aktivismus im der Tochter-Mutter-Beziehung bzw Erziehung und Vorleben begründet?

    „Ob es ein verbindendes Element zwischen all den Töchtern gibt, die sich in „nachkommen“ für eine gerechtere Welt einsetzen, wollte ich auch von der Psychotherapeutin Claudia Haarmann wissen. Sie erklärte mir, dass die Aktivist*in aus einem Gefühl der Not heraus handelt: So kann es nicht weitergehen, da muss sich etwas verändern. Die Motive dafür können allerdings sehr vielfältig sein. Es werde zum Beispiel viel Kraft entwickelt, um einen anderen Weg zu gehen als die Mutter. Es könne aber auch sein, dass es bei dem*der Aktivist*in der Mutterfolge  –  also bei der Mutter, Großmutter, Urgroßmutter  – ein Thema gibt, an das die Tochter, Enkelin oder Urenkelin anknüpft. Es gibt also entweder eine Problematik, vielleicht auch eine Abgrenzungsthematik mit der Mutter, die die Töchter antreibt oder sie sind so stabil, dass sie ihre ganze Kraft für etwas einsetzen können.

    Was die Briefe auch aufzeigen ist, dass die Generation der jungen Frauen heute viel offener mit ihren Müttern in den Austausch geht und viele eine sehr gute Beziehung hat oder eben auch stark genug ist, sich von ihren Müttern zu trennen, wenn ihnen die Beziehung nicht guttut.“

    „nachkommen“ ist ein Buch über Liebe und Zerwürfnis, über Nähe und Abgrenzung und die vielleicht komplexeste Verbindung unserer Kindheit.

    Wir können und möchten euch das Buch von ganzem Herzen empfehlen. Die Briefe der Töchter haben uns sehr berührt und zu Tränen gerührt und es hilft immer auf dem Weg der Selbstreflexion andere Perspektiven und Lebensgeschichten zu hören. Und vielleicht schreiben wir jetzt auch einmal auf was wir noch nicht oder vielleicht viel zu selten ausgesprochen haben.

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